Die schönste Schultür Berlins

DER ÄSTHET

Frank Wernecke, 46, seit zehn Jahren im Beruf, seit drei Jahren an der Friedrich-Bergius-Oberschule, Friedenau

Der Tagesspiegel online 04.08.2012 00:00 Uhr von Claudia Keller





Die Engelstrompeten müssen weg. Die glockenartigen Blüten würden dem Bewegungsdrang der Jugendlichen nicht standhalten. Frank Wernecke wird den Blumenkübel in Sicherheit bringen, in den schmiedeeisern umzäunten Vorgarten am Eingang der Schule. Dort warten schon Oleander, blaue Mauritius und akkurat geschnittene Buchsbäume. Wernecke ist ein Ästhet. Er sagt: „Ich möchte, dass es schön ist.“

Die Voraussetzungen dafür sind in der Friedenauer Friedrich-Bergius-Oberschule optimal. Das Schulgebäude von 1903 ist wunderschön. Die Flure tragen hoch gewölbte Decken und werden gesäumt von gekachelten Schmuckbändern mit Medaillons. Auf jeder Etage finden sich Brunnen, an denen sich Schüler einst labten.


Dass alles so schön bleibt, das liegt auch an der klaren Regeln, die hier herrschen. Wer sich nicht daran hält, der kommt zum Hausmeister zur „gemeinnützigen Arbeit“. Wernecke drückt den Schülern dann Eimer, Besen und Harke in die Hand, zum Fegen oder Unkrautjäten im benachbarten Park am Perelsplatz. Manche kommen auch freiwillig zu ihm und wollen helfen. Einige stören sogar bewusst den Unterricht, um zu ihm strafversetzt werden. „Einige wollen eben lieber handwerklich arbeiten als in der Klasse zu sitzen“, sagt Wernecke. Er versteht das, schickt sie natürlich trotzdem zurück.

An diesem Dienstag hat er eigentlich noch Urlaub, diesen Raum im Erdgeschoss, den möchte er der Besucherin aber noch zeigen. „Schul- und Stadtteil-Museum Friedenau“ steht auf der Tür. Dahinter: alte, schön aufgearbeitete Vitrinenschränke. Darin: Fotoapparate, Mikroskope, Fernrohre aus der Zeit der Jahrhundertwende, als es in Friedenau noch Firmen gab, sie so etwas herstellten. Dazu alte Postkarten aus dem Kiez, historische Atlanten – und drei Schellackplatten. Die sind von Wernecke. „Ich suche Tanzmusik aus den 20er und 30er Jahren, schreiben Sie das“, sagt er beim Abschied und rupft ein paar verwelkte Blütenblätter ab. Claudia Keller