Wer war

Friedrich Bergius

Friedrich Bergius wurde am 11. Oktober 1884 in Goldschmieden bei Breslau geboren. Seine Vorfahren waren Theologen, preußische Staatsbeamte, Kaufleute und Philologen. Sein Vater betrieb in Goldschmieden eine kleine chemische Fabrik, in der Bauxit aus Südfrankreich zu Tonerde verarbeitet und anschließend zur Aluminiumgewinnung in die Schweiz verschickt wurde.

Nach dem Abitur am Realgymnasium von Breslau studierte Bergius Chemie an den Universitäten Breslau und Leipzig. 1907 erwarb er in Leipzig seinen Doktortitel. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Hochschulassistent bei Walter NERNST in Berlin (Nobelpreis 1920), Fritz HABER in Karlsruhe (Nobelpreis 1918) und Max BODENSTEIN in Hannover.

Mit 27 Jahren richtete er sich in Hannover ein Privatlaboratorium ein und untersuchte systematisch die Anwendbarkeit hoher Drucke und hoher Temperaturen auf chemische Reaktionen.

Am 09.08.1913 erteilte das Reichspatentamt Bergius eine Patentschrift über ein „Verfahren zur Verflüssigung von Steinkohle“. Nach einigen Verhandlungen ging Bergius für ein Anfangsgehalt von 20.000 Goldmark zur Firma Goldschmidt nach Essen, wurde dort Forschungsleiter in einem neuen, eigens erbauten Laboratorium und 1916 sogar stellvertretendes Vorstandsmitglied der Goldschmidt AG. 1916 begannen groß angelegte Versuche im Werk Mannheim-Rheinau, um die Kohleverflüssigung rasch zur Serienreife zu bringen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Arbeiten von der wesentlich kapitalstärkeren BASF fortgeführt.

Friedrich Bergius erhielt für seine Verdienste um die Entwicklung chemischer Hochdruckmethoden gemeinsam mit Carl Bosch 1931 den Nobelpreis für Chemie.

Bereits sechs Jahre zuvor hatte sich Bergius einem anderen Forschungsgebiet zugewandt, nämlich der Umwandlung von Holz in Kohlehydrat-Futtermittel.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt Bergius die österreichische Staatsangehörigkeit und befasste sich mit Beratungen und Expertisen zum Wiederaufbau und zur Modernisierung von chemischen Werken in der Schweiz, in Spanien und in der Türkei. 1947 erhielt er einen Ruf nach Argentinien als Berater der dortigen Regierung für den Aufbau einer eigenen chemischen Industrie.

Friedrich Bergius starb am 30. März 1949 im Alter von 64 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Buenos Aires.

Friedrich Bergius verfolgte zeit seines Lebens selbstgestellte Aufgaben mit Zähigkeit, zielbewusst, unbeirrt und mit großem Ideenreichtum. Sein Unabhängigkeitsdrang hat ihn bewogen, sein eigenes Vermögen und sogar sein Haus in Heidelberg zur Finanzierung einzusetzen. Zahlreiche Ehrungen wurden ihm als Forscher zuteil. So erhielt er außer dem Nobelpreis und der Liebig-Gedenkmünze die Ehrendoktorwürden der Universitäten Heidelberg, Harvard und der Technischen Hochschule Hannover.

Seine Freunde beschreiben ihn als bezaubernden Gastgeber und hervorragenden Gesprächspartner.

Sein schönes Haus in Heidelberg, heute Institut für angewandte Physik, war Mittelpunkt der dortigen Geselligkeit. Bekannte Persönlichkeiten wie Thomas Mann (Literaturnobelpreis 1929), Gerhart Hauptmann (Literaturnobelpreis 1912), die Schriftsteller Rudolf Binding und Carl Zuckmayer, der preußische Minister Carl Severing und vor allem der Reichsaußenminister Gustav Stresemann gingen bei der Familie Bergius ein und aus. Friedrich Bergius und seine Frau pflegten freundschaftliche Beziehungen zu Gustav Stresemann und begleiteten ihn regelmäßig bei großen internationalen Konferenzen.

Die Benennung einer Schule nach seinem Namen hätte Friedrich Bergius vielleicht mehr als manche akademische Anerkennung gefreut.

Friedrich Justus Perels war Schüler des Friedenauer Gymnasiums. Er war Christ und gehörte der Bekennenden Kirche an.

Während der Zeit des Nationalsozialismus half er vielen verfolgten Menschen. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um Menschen jüdischen Glaubens.

Im Jahre 1945 wurde er, kurz vor dem Ende des 3. Reichs von der SS erschossen. Justus Perels setzte sein Leben ein, um Menschen eines anderen Glaubens zu retten.

(11.10.1884 – 31.03.1949)

Chemienobelpreis 1931: Friedrich Bergius und Carl Bosch

Die beiden Deutschen erhielten den Nobelpreis für ihre Verdienste »bei der Entdeckung und Entwicklung chemischer Hochdruckverfahren«.

* Goldschmieden 11.10. 1884, + Buenos Aires (Argentinien) 31. 3. 1949;

1910 Gründung eines Privatlabors zur Erforschung der Kohle, 1911 Entwicklung eines Verfahrens zur direkten Kohlehydrierung, ab 1913 Leiter des wissenschaftlichen Labors der Goldschmidt AG Essen, ab 1916 im Kohleforschungslabor in Mannheim tätig.

Würdigung der preisgekrönten Leistung

Um die Jahrhundertwende wurde erkannt, dass die chilenischen Salpetervorräte, die bis dahin die Hauptquelle für stickstoffhaltige Düngemittel waren, in absehbarer Zeit erschöpft sein wurden, und man suchte nach einem Ersatz. Stickstoff ist zwar mit 78 Prozent der Hauptbestandteil der Luft, jedoch ist dieser elementare Stickstoff sehr reaktionsträge und lässt sich nur schwer in Verbindungen überführen.

Benzin aus Kohle

Bis zu Beginn des Ersten Weltkriegs überstieg der Verkauf von Benzin als Reinigungsmittel den von Benzin als Motortreibstoff. Verbreitet war hingegen bereits der Schiffsantrieb mit Dieselmotoren. Angesichts der zwar bescheidenen, aber zunehmenden Automobilisierung der Deutschen in den 1920er-Jahren, vor allem aber der aufkommenden Motorisierung in den USA, schien im Hinblick auf die damals bekannten Lagerstatten der Vorrat an Erdöl in wenigen Jahrzehnten aufgebraucht. Kohle galt als die sichere Ressource, um auch künftig eine Energieversorgung der industrialisierten Gesellschaften zu gewährleisten. Bergius erkannte, dass Kohle in Benzin umgewandelt werden konnte.

Der Prozess der Herstellung von Gas aus Kohle war seit der Beleuchtung der ersten Fabrik durch Matthew Boulton und James Watt in Großbritannien wohl bekannt. Bergius zielte in seinen Experimenten darauf ab, die eingesetzte Kohle nicht in gasförmige, sondern in flüssige Produkte umzuwandeln. Hierzu war nicht nur das Arbeiten unter erhöhten Temperaturen von etwa 450 bis 500 °C, sondern auch unter erhöhten Drücken von 100 bis 200 bar notwendig. Wie auch Carl Bosch musste Bergius spezielle Reaktionsgefäße entwickeln, die sowohl gegen die Hitze wie auch den Druck und darüber hinaus noch chemisch beständig waren. Der entscheidende Schritt zur Gewinnung flüssiger Produkte in den von Bergius und seinen Mitarbeitern erprobten Synthesen bestand in der Zugabe von Wasserstoff in den Reaktionsraum. Wasserstoff sollte die Kohle zu den gewünschten Kohlenwasserstoffen hydrieren. Die Kohle, die mit dem Wasserstoff reagieren sollte, wurde mit Öl vermischt. Dadurch konnte sie in das Reaktionsgefäß gepumpt werden, was den Transport und die Dosierung erleichterte und die Gefahr einer Staubexplosion vermied. Außerdem sorgte das Durchblasen des Wasserstoffs für eine gute Durchmischung der chemisch reagierenden Stoffe. Bei dieser Form der Kohlenhydrierung wurde verhindert, dass die Wand des Reaktionsgefäßes durch den Wasserstoff spröde wurde und barst.

Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten übertrug Bergius sein Verfahren an die I.G. Farben Industrie AG, den Zusammenschluss der großen deutschen Chemiefirmen. Das nach dem Bergius-Pier-Verfahren seit 1927 in Leuna produzierte Benzin aus Kohle war anfangs jedoch teurer als das herkömmliche Benzin. Eine in den letzten Jahren der Weimarer Republik vorbereitete, aber erst im Dritten Reich abgeschlossene Übereinkunft, der »Reichsbenzinvertrag«, garantierte der I.G. Farben schließlich die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens.